Es war an einem sonnigen Wintermorgen im Verbund 13/12, in der Zwerggalaxie #q5. Manchmal verbrachte ich gerne meine Tage auf 23,776. Inmitten des riesigen Nadelwaldes, der den kleinen Planeten komplett durchzog hatten sie schmale, dafür aber sehr hohe Betonklötze gebaut aus denen ihre Städte bestanden. Die Bewohner hier waren sehr langsam, ob es nun an der frischen Luft lag, oder an der täglichen Meditation zu der sie sich auf den Waldlichtungen trafen. Ich versuchte, mich so gut es ging anzupassen um mit meiner hektischen Art nicht aufzufallen, bezog für eine Woche ein Appartement im 18. Stock, fest entschlossen, eine Wanderung bis hin zum verbotenen Waldstück, dort aus den Bäumen das Plasma abzapfen, denn ausschließlich in diesem Wald war es der Regierung noch kurz vor Ausbruch des Krieges gelungen, Bäume zu züchten die Hyperplasma produzierten. Bis heute ist die genaue Formel unbekannt, denn sie wurde unter strengster Geheimhaltung entwickelt aber der Wald, inzwischen riesig wie wir alle wissen, hat in der Verwahrlosung ein Eigenleben entwickelt und beherbergt nun die mutierten Nadelbäume, die wir so vielseitig verwenden.
Auf das Gelände zu kommen war relativ einfach, nur hinaus, mit den vollen Behältnissen mit Plasma, da musste ich mir etwas einfallen lassen, denn der Ausgang war schwer bewacht und über den Zaun ging es so vollbepackt nicht. Ich hatte also beschlossen eins der ältesten Manöver der Welt zu versuchen, nachts hineinklettern, mit den Hunden hatte ich mich innerhalb der ersten drei Tage durch den Zaun hindurch angefreundet, dann bei Tagesanbruch durchs Haupttor hinaus. Als Tarnung hatte ich mir von einem der Angestellten alte Taschen besorgt, die hier jeder zweite für die Arbeit nahm und kam am Abend am umzäunten Grundstück an, kletterte hinein, begrüßte die Hunde, die mir fröhlich die ganze Nacht lang Gesellschaft leisteten. Das Plasma abzuzapfen erwies sich als schwieriger als gedacht, ich hatte zwar schon tagelang von Weitem den großen Baum und die Zapfanlage beobachtet, aber nicht damit gerechnet, dass es doch so kniffelig sein würde, mich dazwischen zu schließen. Als es mir endlich gelang waren es noch drei Stunden bis zum Sonnenaufgang wenn die fünf Mitarbeiter der Nachtschicht das Gebäude verließen und dafür circa zweihundert andere auftauchten. Der Schichtwechsel, das hatte ich mitbekommen, wurde von einem durchdringenden Glockenton begleitet, wenn ich den hören würde, wäre es zu spät. Ich hatte es endlich geschafft, packte mein Zeug zusammen und marschierte in Richtung Hintereingang, der einzige andere Weg nach draußen. Diese Tür war nicht abgeschlossen, schon etliche Male hatte ich von meinem Baum aus beobachtet wie sie hier ein und aus gingen. Den Rest, dachte der verwirrte Optimist, würde schon irgendwie gehen. Bestimmt. Ich hängte mir beide Taschen um, setzte mein ernstes Gesicht auf und öffnete die quietschende Tür, befand mich in einem großen Gang, beleuchtet durch riesige summende Röhren an der Decke. Es ging nur ein Stückchen geradeaus und schon musste man sich entscheiden, rechts oder links abbiegen. Ich ahnte, schon bald würde mich mein Orientierungssinn zuverlässig im Stich lassen und wählte links. Ich lief an einigen Türen vorbei bevor ich versuchte eine zu öffnen, auf Sicherheit legte man hier offenbar nicht viel Wert, denn auch diese, unverschlossen. Ich entdeckte allerding nur verstaubte Geräte im Halbdunkeln, eine Sackgasse. Es folgten einige weitere Türen und so einige Schweißperlen mit Atemnot bevor ich eine fand die in einen weiteren Gang führte, und dann kamen mir endlich Menschen entgegen aber mir wurde bewusst, dass ich zwar die typischen Taschen, aber nicht die Arbeitskleidung anhatte, die sie alle trugen. Als Gegenmaßnahme nahm ich das Kinn noch höher und stiefelte hochnäsig nur beiläufig den Entgegenkommenden zunickend in die Richtung aus der sie gekommen waren. Der einzige, der mich misstrauisch anschaute war der Wachmann im Fenster, also lächelte ich einen guten Tag und versuchte, nicht noch schneller zu laufen. Das Glück ist mit den Dummen, ich schaffte es nicht nur nach draußen sondern auch, mit Bootskates auf Höchstgeschwindigkeit, bis hin zu den ersten Häusern, eine Medienhalle, ein paar Geschäfte, hier begann das Industriegebiet, als ich den Alarm hörte. Ein schriller, unheimlich lauter Ton durchdrang die Luft und wollte kein Ende nehmen. In heller Panik bog ich in die nächste Gasse, zwischen zwei Häuser, und überlegte hinter einem Gebüsch, was hierfür wohl die vorgesehene Abfolge war. Würden nun die Flugdrohnen kommen oder nur das Fußvolk in BFOs, mit etwas Glück, ja, davon kann man wirklich nicht genug haben, wären es lediglich stumpf programmierte Robotoiden, mit ein paar einfachen Handgriffen außer Gefecht zu setzen oder zumindest ordentlich zu verwirren, so dass sie minutenlang stehen blieben. Ich beobachtete eine Weile lang den Himmel, sah nicht das leiseste Funkeln von Drohnen, dafür aber die Lichter der BFOs in verschiedenen Straßenecken. Den restlichen Mut zusammenkratzend wagte ich mich aus meinem Versteck, in Gedanken bereits Geschichten formulierend, das Plasma, achja, das hatte ich zufällig gefunden, natürlich wollte ich es gerade melden, nein, etwas Ungewöhnliches habe ich nicht bemerkt. Nach einigen Sekunden fuhr ein ziviles BFO an mir vorbei, ich streckte den Daumen heraus, wurde von einer reizenden jungen Mutantendame mitgenommen und entkam so den Robotern. Ich plauderte über die neusten wissenschaftlichen Entwicklungen auf dem Gebiet der Geschwindigkeitsforschung und vergaß Dank meiner bezaubernden Begleitung für eine Weile den Stress, der aus meinen Taschen auf dem Rücksitz tropfte.
An einer ruhigen Straße, nicht weit von meiner Wohngelegenheit entfernt, stieg ich aus, wünschte alles Gute und lief das letzte Stück bis zum Hochhaus. Nun, das Plasma ins BFO getankt hatte ich dann genug Sprit für einige Wochen im All und düste weiterhin in der Zwerggalaxie umher. Aber das war ja gar nicht die Geschichte, die ich erzählen wollte.