Das Raumschiff kam ihm schon fast wie ein Zuhause vor, jetzt da er es wieder betrat. Es war etwas Gerümpel dazugekommen. Und auch jetzt fing der Roboter an, das Zeug vom Rücksitz scheinbar wahllos in der Kapsel zu verteilen. Sylwester stand etwas hilflos daneben und fragte sich, ob er nicht besser bei dem freundlichen Mutanten geblieben wäre aber irgendetwas an C sagte ihm, dass er sich an ihn halten sollte. Sylwester war müde. Es wunderte ihn kein bisschen als er in einer Ecke eine kleine Couch entdeckte, er legte sich hin und schlief tief und fest ein.
Als er aufwachte war es schon wieder dunkel. Etwas beunruhigt sah er aus dem Fenster und atmete auf als er vertraute Umrisse erkannte. Sie hatten den Planeten also nicht verlassen. Vielleicht stand das aber noch bevor, er hatte immerhin keinen Schimmer was der Roboter als nächstes vorhatte. Sylwester machte sich auf die Suche und fand C im vorderen Teil der Kapsel, einer der überlangen Arme schraubte an einer Apparatur in der Wand, der andere bediente die leuchtende Schaltzentrale. Die Augen des Roboters flackerten wieder, er schien ziemlich beschäftigt zu sein. Trotzdem, beschloss Fundig, es war an der Zeit, ein paar Dinge loszuwerden. „Hör mal, C, du kannst mich nicht einfach so alleine lassen, ich bin hier völlig fremd.“ „Nicht?“ „Ich würde gerne wieder nach Hause fahren, du weißt schon, in meine Zeit.“ „Wer möchte das nicht?“ Er schraubte noch eine Weile an der Wand bis er sich doch zu Sylwester umdrehte. „Auch ich habe ausgerechnet, dass deine Chancen nach Hause zu kommen in meiner Nähe am größten sind. Ich habe einiges gelernt seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Ich versuche nun ebenfalls diese Dimension zu verlassen. Wenn es mir gelingt den entsprechenden Impuls zu finden und auszulösen katapultiert uns das womöglich in eine andere Zeit, vielleicht in eine andere Dimension. Wer weiß das schon so genau, die Forschung ist hier noch nicht besonders weit, zumindest da, wo ich herkomme. Hier sind sie natürlich absolut ahnungslos. Im Moment jedenfalls..“ Er zog seinen Arm aus der Wand und klopfte ein paar Mal dagegen „..scheint es, als würden wir hier festsitzen.“ So viel hatte er noch nie gesprochen und Sylwester stellte fest, dass der Roboter eine sehr angenehme, tiefe Stimme hatte. Ansonsten gefiel ihm was er gehört hatte nicht wirklich, aber es gab ihm doch ein klein wenig Hoffnung. Woher stammte der Roboter wohl, wenn auch er nicht hierher gehörte? Sylwester beschloss später darüber nachzudenken und machte sich auf den Weg um zu sehen ob sie im blauen Lokal auch Kaffee verkauften.
Herr Fundig betrat die Gaststätte durch die schwere Vordertür, denn am Seiteneingang hatten sich wieder die Raucher versammelt, ein Haufen Roboter, einige davon erkannte Sylwester sogar wieder. Da war der eine, der nur ein Bein hatte, sich aber wie ein Kreisel hin und her drehte und dann der mit den gelben Augen und der dunklen Kapuze. Er fand sie seinen bisherigen Erfahrungen zufolge unberechenbar, besonders, wenn sie dies merkwürdige Öl tranken, das hier ausgeschenkt wurde, und machte lieber einen Bogen um sie. Einmal durch die Tür, schon stand er im Halbdunkeln. Vertraut kam ihm die grünliche Beleuchtung daher, die verranzten Holztische und die Unterhaltungen im Flüsterton. Er wich dem Rempler der Echse geschickt aus, als sie hinter ihrer Theke verschwand und bestellte Kaffee. Zu seiner Überraschung wurde er weder verständnislos angeblickt noch ignoriert und bekam sein Getränk in einem Behälter zum Mitnehmen. Er sah dies als Wink und verließ das Wirtshaus so rasch wie er es auch betreten hatte und stolperte beim Hinausgehen beinahe über die eiskalten Beine eines der Spinnenwesen, das offenbar seine Morgenrunde drehte. Er hatte sich bereits daran gewöhnt, dass alles hier strahlte und leuchtete, aus irgendeinem Grund aber keine Schatten warf, obwohl er doch den riesigen orangenen Himmelskörper gesehen hatte, den der Planet umkreiste. Immerhin war es schön warm. Er sah hinüber zum Taxistand ob er seinen neuen Freund dort entdeckte, aber das Langohr war nicht auszumachen. Wahrscheinlich war es noch zu früh und Floh erledigte gerade seine Fahrten in der Stadt oder gabelte illegal Gäste auf. Er erinnerte sich an seinen Freund aus der Heimat, der ebenfalls Taxi fuhr, der hatte Sylwester einige Male auf seinen Fahrten mitgenommen, denn er war vorwiegend nachts unterwegs, wo es eh keinen interessierte. Auch sein Freund nahm hin und wieder Leute vom Straßenrand mit ohne es der Zentrale zu melden, Sylwester kannte sich von daher ein wenig aus, auch was die eigentümliche Mentalität der Fahrer betraf, wobei man da noch einen Unterschied zwischen Tag- und Nachtschicht machen musste- eine Welt für sich. Er dachte mit ein wenig Wehmut an die kurze Zeit in der er oft in der Nacht unterwegs war, seinen Kram im Handschuhfach ausgebreitet, die kleine Schreibmaschine auf dem Schoß, das nächtliche Treiben der Stadt beobachtend, Betrunkene, Verliebte, Pendler, Partygäste. Damals wohnte er noch in der großen Stadt, in die er später nur noch sporadisch fahren sollte, hin und wieder die Redaktion aufsuchen, aber meistens von zu Hause arbeitend, aus dem Fenster stets das Meer im Blick und die Dünen, wohin die Katze so gerne spazieren ging. Dann machte er sich mit seinem Kaffee und einem Gläschen Öl für C zurück zum Schiff.
C schlief offenbar nicht, aber er war ja auch ein Roboter. Fundig fragte sich, ob er hin und wieder wenigstens in so eine Art Standbymodus wechselte um sich auszuruhen oder ob das Roboterleben eine nicht endende Abfolge von Ereignissen war, ohne Pause. Er traute sich jedoch nicht zu fragen. Er fand seinen Roboter wie tags zuvor mit dem Arm in der Wand, die Augen neongrün flackernd, genauso wie er ihn verlassen hatte. Nachdem was er verstanden hatte, versuchte C einen Impuls auszulösen, der das Schiff in eine andere Dimension brachte, allerdings schien die ganze Sache auf wackeligen Beinen zu stehen. Niemand, nicht einmal C selbst, konnte wissen ob das so funktionierte und wo sie dann letztlich landen würden. Trotzdem war es immer noch seine beste Option, um nach Hause zu kommen. Und er wollte dringend nach Hause, so faszinierend diese Welt auch war, vermisste er doch die alte Heimat, er wollte zurück in sein Fischerdorf, mit der kleinen Kirche, den drei Stränden, den Apfelbäumen und dem Nachbarshund, der sich über alles und jeden freute. Den Kopf voller Gedanken sagte er erstmal nichts und reichte dem Roboter mit den sonderbar langen Armen das Öl, das er für ihn ausgesucht hatte, eine rötlich- schmierige Flüssigkeit, die man noch anzünden musste. Jedenfalls war es das, was C tat indem er in seinem Handgelenk einen kleinen, kurzen Strahl erzeugte und das Öl während es noch glühte die Kehle hinunterkippte. Für einen Augenblick meinte Sylwester eine Regung in seinem Gesicht zu erkennen, obwohl das bei der Blechbüchse doch gar nicht möglich war. Fundig schaute sich den glänzenden Kameraden genauer an – das Metall, aus dem der Roboter bestand, schien ganz dünn und leicht zu sein, was die flinke Art des Wesens nur noch unterstrich. Die Augen waren die einzige zuverlässige Quelle, wenn es um den Gemütszustand des Roboters ging, denn dieser veränderte seine Stimme nach Lust und Laune, wie es ihm gerade zu passen schien, und auch seine Gestik war schier unberechenbar, immer in Bewegung, die Arme mal ganz ausgefahren und mal nicht, manchmal pfiff er sogar oder drehte sich ohne erkennbaren Grund im Kreis. Die Augen flackerten und blitzten unaufhörlich, manchmal erkannte Sylwester Zahlen- und Buchstabenreihen, konnte sich jedoch keinen Reim darauf machen. Was er aber mittlerweile verstanden hatte, war, dass sich das Flackern steigerte und schneller wurde, wenn der Roboter intensiv über etwas nachdachte. Er schien sich zwar über das Öl zu freuen und auch Sylwester gegenüber insgesamt sehr freundlich gesinnt zu sein, bedachte er, wie der Roboter sich sonst so in den Welten verhielt. Nach Allem, was er bisher mitbekommen hatte, schien er eine asoziale Ader zu haben, nahm Dinge in Geschäften ohne zu zahlen, stiftete Unruhe unter seinesgleichen, fluchte manchmal leise und hielt sich an keinerlei Geschwindigkeitsbeschränkungen, denn das es auch hier welche gab, hatte er durch Floh den Taxifahrer gelernt. Aber nun war er ein wenig abwesend, leuchtete grün mit den Augen und fummelte an der Apparatur in der Wand herum. Sylwester fragte sich, ob er ein Gespräch anfangen oder ihn in Ruhe lassen sollte, schließlich hatte er doch so viele Fragen, ahnte aber, dass der Roboter sie nicht würde beantworten können.