Fundig 2: unterwegs

Sie fuhren auf einer Art beleuchteten Spur, ganz schwach erkannte er aber Spiegelungen, Umrisse eines durchsichtigen Tunnels, in dem sie sich befinden mussten. Sylwester hatte sich mittlerweile zu C in die Steuereinheit der Raumkapsel gesetzt und bestaunte die Apparatur mithilfe derer sie sich offenbar durch das All bewegten. Die Geschwindigkeit, mit der sie an Sternenhaufen und Strudeln vorbeisausten, war atemberaubend, kaum hatte er begriffen was er eigentlich sah, waren sie schon wieder Lichtjahre weitergerast. Er überlegte, was er sagen könnte, verlor sich aber immer wieder in den eigenen Gedanken. Dann schienen sie langsamer zu fliegen und er erkannte, dass sie sich in einem Planetensystem befinden mussten, in weiter Ferne der Stern mit rötlichen Strahlen, die die kreisenden Himmelskörper erwärmten und immer näherkommend einer, auf dem sich Orange- und Grautöne abwechselten. Er staunte nicht schlecht, als er den Haufen Metall sah, der den Planeten umkreiste. Aus einiger Entfernung konnte man metallisch schimmernde Bauten ausmachen, die die gesamte Landschaft durchzogen, sowie spinnenartige Riesenroboter, die über die Oberfläche wanderten. „Das ist also dein Zuhause?“

Sie hatten sich neben anderen Raumkapseln in einer Abfahrt eingeordnet und kamen dem Planeten in einer angenehmen Geschwindigkeit näher. Nun bemerkte Sylwester auch die unzähligen Maschinen, wie fleißige Ameisen, alle mit etwas beschäftigt sprinteten sie zwischen den Wolkenkratzern umher. „Wir steigen in das BFO um“ sagte der Roboter, der sich selbst als C vorgestellt hatte, dann fuhr er davon um sich auf einem kreisrunden Fleck hinter der Steuerzentrale zu platzieren. Sylwester folgte ihm und holte gerade Luft um eine Frage zu stellen, als es sie ruckartig nach unten zog. „Ich werde hier sterben“ fuhr es ihm im freien Fall durch den Kopf, schon stand er wieder und hatte doch festen Boden unten der Füßen. Sie waren in einem kleinen Raumschiff gelandet, ähnlich aufgebaut wie das, das er schon kannte, nur ohne den ausladenden hinteren Teil, das hier ähnelte tatsächlich einem Auto, war aber runder und man konnte gerade so aufrecht darin stehen. Und ähnlich wie in seiner eigenen Metallkutsche lag auch hier allerlei scheinbar Nützliches herum. Auf dem Boden entdeckte er etwas das aussah wie buntes Kaugummipapier, daneben eine kleine Flasche mit grüner Flüssigkeit. Es roch etwas merkwürdig, ölig und doch fruchtig und überall lagen Streifen aus Metall und Behältnisse mit verformten Schrauben.  Fundig schob den Krimskrams vom Beifahrersitz und nahm Platz. C hatte sich schon mit der Steuerung verbunden und ohne ein Wort zu verlieren startete er den Motor.

Eine halbe Stunde lang schwebten sie über eine schmale Straße, immer weiter hinauf, auf beiden Seiten steile Abhänge. Sylwester hielt ein paar Mal den Atem an, als der Roboter das Lenkrad losließ um sich eine Zigarette anzuzünden oder an der Musikanlage in seinem Oberkörper zu drehen, in der anderen Hand einen Becher mit einer dampfenden Flüssigkeit, die über einen dünnen Schlauch direkt ins Ohr lief. Immer wieder raste C auf die engen Kurven zu, wie aus dem Nichts tauchten sie in der Dunkelheit manchmal vor ihnen auf, nur erkennbar durch ein winziges leuchtendes Schild und daran, dass C pfeifend das Fahrzeug beschleunigte. Ebenso unerwartet eine Abfahrt, gekennzeichnet durch rot blinkende Pfeile, die man erst in letzter Sekunde sah und schon düsten sie bergab, einige unendlich scheinende Augenblicke bevor die Raumkapsel quietschend auf einem riesigen Parkplatz zum Stehen kam.

„So, ein Stück müssen wir nun rollen“ der Kopf hatte sich zu ihm gedreht, während die Arme immer länger werdend auf dem Rücksitz in unzähligen Kartons herumkramten. „Vorsichtshalber ziehen Sie bitte diesen Raumanzug an, und hier, die Bootskates, für euch Schraubenlose“. Fundig hatte einige Mühe insbesondere die merkwürdigen Rollschuhe anzuziehen, schließlich aber stand er, eine chipähnliche Fernbedienung in der Innenfläche des Handschuhs, und lernte im Nu zu fahren. Er folgte dem Roboter (der hatte in der Dämmerung diverse Lämpchen an seiner Außenhülle angeschaltet) an einer zweispurigen Schienenstrecke vorbei bis sie in eine Straßenbahn einstiegen. Zum ersten Mal war Sylwester froh den stickigen Raumanzug anzuhaben, als er sah wie während der Fahrt grünliche Gase durch die kaputten Fenster hereinzogen. Er setze sich eine Reihe weiter um den Wind nicht direkt abzubekommen und bemerkte auf den Sitzen gegenüber ein Paar winziger Echsen, ebenfalls in Raumzügen, vorbildlich stillsitzend und nur mit den Köpfen im Takt der Musik nickend, die aus den winzigen Boxen kam, die sie zwischen sich platziert hatten. Sylwester tastete seinen Anzug ab, ob noch alle Gurte, Schnallen und Magneten an ihrem Platz und gut verschlossen waren, sah aus dem Fenster, hielt sich an der Armlehne fest, da ihm sofort schwindelig wurde, als er bemerkte, dass die Bahn gerade an der Decke einer Art Röhre entlangzufahren schien. Er schloss die Augen und sah plötzlich das Bild so deutlich als stünde er mittendrin.